Was sind Ihre konkreten Aufgaben und Zuständigkeiten im Bereich der Sozialdienstleistungen bzw. Sozialwesens?
Als Stadträtin der Stadt Rorschach habe ich die Themenverantwortung für den Bereich «Soziales». Ich bringe damit zusammenhängende Themen in den Stadtrat ein und/oder gebe Auskünfte über neue Informationen in diesem Bereich.
Zu dieser Themenverantwortung gehört ebenfalls eine enge Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren*innen in diesem Feld. So bin ich u.a. im Vorstand der Spitex, im Regionalkomitee der Pro Senectute, in der Betriebskommission des Altersheims der Stadt Rorschach und im Verwaltungsrat des Zweckverband PeLago, einem Pflegeheim der Region Rorschach, welches in Zusammenarbeit mit weiteren Gemeinden betrieben wird.
Wir sind als Gemeinde bei diesen Organisationen entweder strategisch oder im Rahmen von Leistungsvereinbarungen (z.B. mit Pro Senectute oder der Spitex) als Kontrollinstanz dabei, um zu prüfen, ob das geplante Vorgehen in unserem Sinn gestaltet wird.
Was sind die größten Herausforderungen, denen Sie sich im Hinblick auf den steigenden Pflegebedarf stellen müssen und wie beeinflusst dies Ihre tägliche Arbeit?
Ich denke für mich als Stadträtin spezifisch aus der Sicht der Stadt Rorschach habe ich bzw. wir sicherzustellen, dass die ambulante Versorgung in unserer Stadt funktioniert. Wir erfüllen unseren Auftrag in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen, die im Rahmen von Leistungsvereinbarungen Aufgaben übernehmen.
Durch den Fachkräftemangel und das enge Arbeitskorsett kann die Erfüllung der Leistungsvereinbarung schwierig sein. Für eine funktionierende Erbringung der Leistungen wird in erster Linie gut ausgebildetes Fachpersonal benötigt. Dieses Personal zu finden, ist aufgrund des Pflegefachkräftemangels, jedoch alles andere als einfach.
Aktuell liegen zudem keine konkreten Ideen vor, wie man diese Problematik nachhaltig angehen kann.
Wie unterstützt die Gemeinde in dieser Hinsicht bzw. was unternimmt die Gemeinde, um diese Herausforderungen zu bewältigen?
Wir versuchen den Mangel durch die Zusammenarbeit mit Temporärbüros abzuschwächen oder versuchen die Arbeitsbedingungen der Pflegefachkräfte durch zeitliche Flexibilität attraktiver zu gestalten. Zudem investieren wir in Ausbildungen und sorgen dafür, dass in unseren Heimen die Ausbildung einen hohen Stellenwert hat.
Wir wollen jedoch nicht zu einem Wettbewerb zwischen den Regionen beitragen. Wir wollen lösungsorientiert arbeiten und das Problem nicht auf andere Orte umlagern. Denn wenn hier keine Leute mehr fehlen, fehlen sie an einem anderen Ort.
Die verschiedenen Massnahmen erfordern zudem unsere finanzielle Unterstützung. Zum Beispiel werden Kosten für den Einsatz von temporären Mitarbeitenden (konkret bei der Spitex) indirekt von der Gemeinde getragen, da sie die sogenannte Restfinanzierung übernimmt
Neben den genannten Unterstützungen arbeiten wir auch immer wieder an neuen Ideen. Aktuell wird diskutiert, ob wir mit besserer Werbung einfacher Pflegepersonal rekrutieren könnten.
Schlussendlich fehlt es jedoch an ausgebildetem Personal und alle Gemeinden sind auf der Suche.
Was halten Sie vom Einsatz von Technologien, um mehr Pflegefachkräfte zu rekrutieren?
Gerade Technologien wie die HEROES-App sind spannend. Es wird sicher aber noch zeigen müssen, ob die App tatsächlich Potential hat. Und in ferner Zukunft, wer weiss, könnten ebenfalls Roboter hinsichtlich des Fachkräftemangels unterstützen. Wie sich diese entwickeln werden, ist jedoch ungewiss. Vielleicht können sie in ferner Zukunft tatsächlich eingesetzt werden, aber nach meiner Einschätzung befindet sich diese Forschung noch in den Kinderschuhen.
Sehen Sie einen Nutzen/Mehrwert einer Online-App wie HEROES bei der Suche nach qualifizierten Pflegefachkräften als mögliche Unterstützung? Könnte HEROES die Rekrutierung von Pflegefachkräften verbessern?
Man muss es sicher probieren. Es wird sich zeigen, ob es funktioniert. Die Idee einer App, die konzentriert Leute zusammenbringen kann, ist bestechend.
Mich treibt jedoch offen gesagt die Frage nach der Kontrollfunktion oder auch der Verantwortung um. Wer übernimmt die Verantwortung, dass sich tatsächlich die richtigen Leute finden und diese auch tatsächlich über jene Skills verfügen, die sie angeben? Oder was passiert, wenn einer Pflegefachkraft oder einer betreuenden Person Diebstahl vorgeworfen wird? Wer regelt die allgemeinen versicherungstechnischen Angelegenheiten?
Bei einem Einsatz von z.B. Spitex oder Pro Senectute übernimmt diese Organisation für die genannten Aspekte die Verantwortung und kann der zu betreuenden Person dadurch mehr Sicherheit bieten. Gerade das zu Hause von älteren Menschen ist ein persönlicher und sensibler Ort und setzt daher einen grossen Vertrauensvorschuss voraus.
Die privaten Vereinbarungen sind daher sicherlich gut und ein möglicher Lösungsansatz. Kommt es jedoch beim Arbeitseinsatz zu Schwierigkeiten gibt es einige Mängel.
Haben Sie weitere Fragen oder Anmerkungen zum Projekt HEROES?
Ich denke, dass es wichtig ist, die Entwicklung von HEROES gut zu steuern, da das Projekt sonst Gefahr läuft ähnlich wie Tinder oder Wish verstanden zu werden.
Die Hauptherausforderung wird klar der Vertrauensaufbau sein. Da der private Aspekt an der HEROES-Vorgehensweise heikel ist, weist die Zusammenarbeit mit Organisationen wie Pro Senectute, Home Instead oder Spitex viele Vorteile auf.